Den Innenraum des Konstanzer Münsters muss man erst einmal auf sich wirken lassen. Die Stille des Raums, die Helligkeit die für eine alte Kirche eigentlich eher ungewöhnlich ist, durch die großen Fenster, durch den hellen Sandstein aber vor allem die vielen verschiedenen Stile sind das was einem nach einem Besuch des Konstanzer Münsters in Erinnerung bleibt.

Trotz der späteren Veränderungen vermittelt das Hauptschiff des Münsters noch immer den Charakter einer romanischen Basilika. Die romanische Kirche des 11. Jahrhunderts wurde zunächst in der Gotik stark verändert, man sieht die Strebepfeiler in den Seitenschiffen, man sieht die Seitenkapellen die jeweils von reichen Familien des Spätmittelalters gestiftet wurden. Ebenso sehen Sie die Veränderungen im Chorbereich wo man das Chorgestühl einbaute um das Gebet der Dom- oder Chorherren unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden zu lassen.

Der Lettner, eine Mauer die die Chorherren vom Kirchenvolk trennte, fehlt heute.

Die Gotik war ein maßgebliches Zeitalter für die Veränderung der Kirche aber eben nicht in der Weise, dass die ganze Kirche zu einer gotischen Hallenkathedrale umgebaut wurde.

Von 1414 bis 1418 fand hier das Konstanzer Konzil statt. Der Kirchenraum war die Aula dieser großen Kirchenversammlung des deutschen Mittelalters, die die einzige Papstwahl auf deutschen Boden vorbereitete.

Die Wahl um die man dreieinhalb Jahre gestritten hatte, fand letztendlich im großen Kaufhaus unten am See statt. Beim großen Konzil ging es vor allem darum, die unselige Spaltung der Kirche, das 40-jährige Schisma zu beenden.

Ein Papst in Avignon ein anderer in Rom das war ein unerträglicher und teurer Zustand. Man hat der Stadt Konstanz zugetraut, die Logistik einer solchen Veranstaltung zu übernehmen, da sie Veranstaltungsort für die Synoden des größten deutschen Bistums war, sie war auch bekannt als Schlichtungsort für alle Streitigkeiten innerhalb der Schweiz, denn auch Teile der heutigen Schweiz gehörten ja zum Bistum Konstanz.

Die bleibende Leistung des Konzils ist die erfolgreiche Neuwahl eines einzigen Papstes.

Anfang des 16. Jahrhunderts wurde die frühere Renaissance-Orgel eingebaut, ein schönes Beispiel wie man sich in der Renaissance von der Spätgotik absetzen wollte. Anstelle der spitzen flammenden Formen tritt nun das Runde abgerundete, eine Annäherung an die römische und griechische Stil- und Formensprache. Die Orgel hatte damals schon über 3000 und kann heute mit über 5000 Pfeifen aufwarten. Sie wird nach wie vor für Gottesdienste und Konzerte benutzt.

Die Konstanzer Kunst- und Kulturgeschichte litt natürlich sehr stark unter der kunstfeindlichen Reformation. Als die Stadt evangelisch wurde, wurden Bilder zerstört und die Kirchen leergeräumt wodurch der mittelalterliche Kirchenschatz größtenteils verloren ging. Nach der Rekatholisierung ab 1548 hatte Konstanz wieder Bedarf an typisch katholischen Berufen wie Kerzendreher, Rosenkranzmacher oder Madonnenschnitzer, die um nicht in der evangelisch gewordenen Stadt zu verhungern, in katholische Städte wie Überlingen gezogen waren.

Sehr viele Spätrenaissance Altäre in den Seitenkapellen, die Barockkanzel sowie das Rokoko-Altar-Werk stammen aus der wieder katholischen Zeit.

Durch das Fehlen des Bischofs in Konstanz wurde hier aber nur noch stückweise ergänzt und umgebaut, es fehlt der große Wurf zu einer einheitlichen Barockkirche wie es sich in damaliger Zeit nur die reichen Abteien wie etwa Weingarten, St. Gallen oder Salem leisten konnten.

Der letzte sichtbare Stil im Innenraum der Kirche ist der Klassizismus, der sich in der Dekoration des Chors und der Vierung zeigt, dieser als elegant geltende, aus Frankreich importierte Stil, sozusagen der Stil der Marie Antoinette, sollte für die ganze Kirche verwendet werden. Aber Anfang des 19. Jahrhunderts ging dann das Geld aus, das Bistum wurde verlegt und es bestand kein Grund mehr, die Kirche weiter auszuschmücken.

Es empfiehlt sich ein Besuch der Krypta. Gehen Sie vom linken nördlichen Seitenquerhaus, dem Thomaschor, der im Kleinen die Stilvielfalt des Münsters zeigt, mit dem spätgotischen schneckenartigen Aufgang – dem Schneck – mit dem ausdrucksstarken Barock- und Rococo-Alter und der klassizistischen Spinnennetzdecke über die Treppe hinunter in die Konradskapelle und nach rechts in die Krypta.

Die Krypta ist der älteste Teil des Münsters aus dem 8. Jahrhundert und wurde dann im 10. Jahrhundert umgebaut.

In Wandausbuchtungen hängen die originalen Goldscheiben vom Giebel die über den See leuchten. In der Nähe der Krypta, wenn man über die Konradskapelle hinaus durch die schwere Holztür in den ehemaligen Kreuzgang tritt und sich nach rechts wendet, erreicht man die Mauritius Rotunde, die Bischof Konrad als Kopie des Heiligen Grabes von Jerusalem errichten ließ. Der Raum stellte eine besondere Kostbarkeit im Mittelalter dar. Am Heiligen Grab sind Szenen aus der Anbetung und der Geburtsgeschichte Jesu zu sehen. Dieses Heilige Grab zog viele Pilger an.

Hier wurde die Osterliturgie vollzogen, Passionsspiele vorgeführt und die Eucharistie gefeiert. Schon Konrads Vorgänger Salomon der Dritte lies die Beine des christlichen Märtyrers Pelagius aus Rom holen um auch in Konstanz eine Reliquie als Anziehungspunkt für Pilger zu haben, die in der Krypta unter dem Hauptaltar der Kirche ruhen. Der magische Moment für einen mittelalterlichen Menschen eine Reliquie zu sehen, darf nicht unterschätzt werden, außerdem konnte der Besuch des Heiligen Grabes in Konstanz einem Gläubigen die Jerusalem Wallfahrt ersparen.

In Konstanz bündelten sich ja verschiedene aus dem Norden vor allem aus Oberschwaben kommende Pilgerwege nach Santiago de Compostella im spanischen Galizien. Dieser Jakobsweg war der wichtigste Pilgerweg des europäischen Mittelalters, der Abschnitt bis Maria Einsiedeln in der Schweiz war der so genannte Schwabenweg der vor dem Konstanzer Münster beginnt.

Auf dem Domplatz, auf der Südseite des Münsters, finden Sie hinter der Mariensäule ein entsprechendes Pilgerschild mit Zeitangaben.

Hinter dem Turm des Münsters befindet sich das sich sattrot zeigende Kulturzentrum im Wessenberghaus – ihre nächste Station.

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